Herbsturlaub. Zweite Station: Auvergne

Tag 1 – Regenspaziergang in die nähere Umgebung

Der erste Tag begann und endete im strömenden Regen. Das Ferienhaus war sehr gemütlich eingerichtet: holzverkleidete Wände, eine schöne Lesecouch, ein Kamin … und ein großes Atelierfenster ließ den Blick frei auf eine Schloßruine sowie ganz viel Natur. So vergnügten wir uns zunächst mit unseren Büchern und Zeitschriften, schnabulierten von unseren Vorräten und träumten von bevorstehenden Unternehmungen. Am Nachmittag schien es etwas heller und trockener zu werden, so dass wir uns wetterfest anzogen, um einen Spaziergang in die nähere Umgebung zu machen. Die Vermieter hatten eine Karte mit Spazierwegen vom Haus aus angefertigt, die wir nutzen konnten. Wir liefen an Weideland vorbei auf einen Hügel mit einer Orientierungstafel. Der Regennebel verhinderte allerdings die Aussicht! Danach spazierten wir weiter bis nach Égliseneuve-près-Billom und von dort wieder zurück zum Haus. Pitschnass und gut ausgelüftet zelebrierten wir eine aufwärmende Teestunde und hofften, dass der nächste Tag trockener werden würde.

Tag 2 – Ausflug nach Ambert (1)

Der Morgenhimmel war verhangen, aber es regnete nicht. Beim Frühstück beratschlagten wir, was wir unternehmen könnten. Wir entschieden uns für die Besichtigung von Ambert. Daran anschließend wollten wir eine Wanderung im Tal der Dore, einem sog. Fluß der Lachse, machen. Nachdem wir die nötige Ausrüstung eingepackt hatten, fuhren wir auf leeren Landstraßen zur Kleinstadt, die wegen ihres kreisrunden Rathauses berühmt geworden war. Betroffen stellten wir im Laufe der Promenade fest, dass Restaurants und einschlägige Geschäfte geschlossen waren, ja, teilweise leer standen. Saisonende? Virus C? In einer der wenigen geöffneten Bäckereien erstanden wir zumindest ein Brot. Nach kurzem Tee-Bananen-Picknick fuhren wir weiter zum Ausgangspunkt der Wanderung, der Kapelle Saint-Just an der Teufelsbrücke bei Giroux.

Tag 2 – Wanderung im Tal der Dore (2)

Willst du mit mir wandern? Diese Kardinalfrage beantwortete ich mit ja. 😉
Los ging es direkt neben einer Bahnstrecke, auf der im Sommer Panoramazüge verkehren; scheinbar ist diese auch mit der Papierfabrik Rossmann verbunden. Schon bald ging es auf einen Hügel mit großzügigen Weideflächen, wo wir u.a. eine Fasanenfamilie aufscheuchten, leuchtende Schirmpilze und Riesenkühe fotografierten. Erstes Herbstgold erfreute uns ebenso wie Einblicke in einzelne Höfe. Dem relativ steilen Abstieg ins Tal der Dore folgte ein erneuter steiler Aufstieg und dann liefen wir weiter auf einem schönen Waldweg bis zum Ausgangspunkt zurück.
Am Abend hörten wir, dass Anne Weber für ihr Buch « Heldinnenepos » den Deutschen Buchpreis erhalten hatte.

Tag 3 – Aufstieg zum kleinen Turluron und Rundgang durch Billom

Als wir vor ein zwei Jahren in der Normandie waren, hatten wir die Einrichtung der « Traiteure » für uns entdeckt. Dort kann man vorgekochtes Essen erwerben, das man anschließend zu Hause nur noch aufzuwärmen braucht. Wie praktisch im Urlaub! Im Urlaubsdomizil hatten wir die Adresse eines solchen in dem nahegelegenen Städtchen Billom entdeckt und beschlossen, zu diesem zu fahren und von dort aus zu einer Wanderung um zwei alte Vulkankegel – den zwei Turlurons – aufzubrechen. Der Traiteur – oder besser die Traiteuse – war schnell gefunden, jedoch wegen Mutterschaftsurlaub geschlossen. Zudem sah das Angebot eher nach Fastfood als nach guter traditioneller Küche aus.
So brachen wir zu unserer Wanderung auf, die uns über teils verschlammte Feldwege führte. Unterwegs sammelten wir Äpfel, Zwiebeln, Knoblauch und Nüsse ein. 🙂 Der Aufstieg auf den kleinen Turluron sollte über einen dermaßen steilen und matschigen Weg führen, dass Ralf daneben über Stock und Stein stiefelte und Birgit einen kleinen Umweg in Kauf nahm. Oben angekommen, standen wir vor einer verschlossenen Kapelle. Stolz fotografierte Ralf durchs Schlüsselloch, um das Bild Birgit zu zeigen, während sie daneben ein riesiges Loch entdeckte, das freien Einblick ins Innere der Kapelle gab. Ja ja, der männliche Tunnel- bzw. Schlüssellochblick. 😉
Wieder am Auto angekommen, machten wir uns zu einem Erkundungsgang durch das kleine Städtchen auf. Leider fing es kurz darauf unerwartet kräftig zu regnen an, was den Genuss doch ein wenig trübte. Im mittelalterlichen Quartier fanden wir ein paar nette Fachwerkhäuser, aber alles in allem war es recht grau und kein Vergleich zu Quedlinburg oder ähnlichen Städtchen in Deutschland. Alles war geschlossen, einige Geschäfte standen leer, irgendwie bestach die Auvergne ein weiteres Mal durch Tristesse. Im Supermarkt fanden wir schließlich ein paar Leckereien, die uns bei der Traiteuse nicht vergönnt waren…

Tag 4 – Wanderung zur Schlossruine Mauzun

Spät aufgewacht, saßen wir beim Frühstück und genossen ein weiteres Mal den herrlichen Blick über den Garten hin zur Schlossruine Mauzun, die das Ziel unserer heutigen Wanderung werden sollte. Zunächst einmal folgten wir dem kleinen Pfad in unserem Grundstück rund um den Ententeich und blickten sehnsuchtsvoll hinauf zur leider verwaisten Sauna. Dann führte uns der Weg an Weideland vorbei zu einem Wäldchen, in dem wir einem Bachlauf bergauf folgten. Unterwegs erblickten wir wie so oft in der Auvergne stattliche Kühe, die gemütlich auf den Weiden standen und dem unfreundlichen Wetter trotzten. Auch wir trotzten dem Wetter und ließen uns nicht unterkriegen! In Mauzun angekommen, näherten wir uns der Schlossruine und nahmen unser Picknick ein. Das muss eine gewaltige Anlage gewesen sein! Auf einer Informationstafel lasen wir, dass im Jahre 2001 ein 30-jähriger Renovierungsplan aufgestellt worden war. Scheinbar wurde dieser aber inzwischen aufgegeben…
Während wir noch das Dorf erkundeten, zogen dicke graue Wolken auf und auf dem Rückweg nahm der Regen dermaßen zu, dass wir uns doch noch die Regenkleider anlegen mussten. Pudelnass, aber frohgelaunt kamen wir in unserem gemütlichen Heim an. Abends sollte es etwas warmes aus dem Backofen geben. Doch dann geschah das Malheur (mal = böse, heure = Zeit)! Der Kunststoffdeckel schmolz über unserem Gericht, obwohl er als hitzebeständig ausgewiesen war. Das Essen konnten wir retten, den Herd leider nicht. 🙁

Tag 5 – Entdeckung von Thiers, Stadt der Messerschmiedekunst

Ralf wollte so gern auf die Höhenlagen der Auvergne fahren, um dort zu wandern. Da keine Wetterbesserung abzusehen war, fuhren wir also zum Pass von Béal. Bei Abfahrt hatten wir grad mal 6 Grad – wieviel würden es da wohl auf 1387 m Höhe sein? Die Fahrt zog sich durch nebelverhangene Wiesen und Wälder immer weiter hinauf. Ausgemacht war, dass bei Schnee umgekehrt wird – in unschöner Erinnerung ans Vercors, wo wir einst unerwartet in heftiges Schneetreiben gerieten und uns nur mühsam Dank Schneeketten retten konnten. Und wirklich, wir waren so auf 1200-1300 m Höhe, als die ersten Flocken tanzten. Wir schafften es noch bis zum Pass, schossen dort ein paar stimmungsvolle Fotos bei 0 Grad Außentemperatur, und kehrten schleunigst in tiefere Gefilde zurück.
Als Alternativziel war die Stadt Thiers auserkoren worden. Dort sollte es einen Rundgang geben, der Einblick in die Kunst des Messerschmiedens gibt. Unterwegs legten wir im Tal der Dore einen Zwischenstopp ein und spazierten durch den hübschen Ort Olliergues mit seinem auf einem Bergsporn gelegenen Schloss und schönen herbstlichen Fotomotiven. In Thiers angekommen, folgten wir dem lehrreichen Pfad mit vielen historischen Erläuterungen. Die ersten Messerschmieden hatten sich im 14. Jahrhundert niedergelassen; sie nutzten das starke Gefälle der Durolle für den Antrieb ihrer Schmiedehämmer. Einige der Fabrikgebäude klebten geradezu wie Schwalbennester an den Felsen. Unglaublich, wie in diesen früher Menschen stundenlang liegend und mit geschlossenen Augen die Klingen an rotierenden Schleifsteinen wetzten. Weiter oben lebten nicht nur die Arbeiter, sondern wurden die Messer in kleineren Werkstätten weiter verarbeitet und verziert. Über die Jahrhunderte brachte das Gewerbe der Stadt viel Ansehen und Reichtum. Mit etwas Engagement könnte es diese historische Fachwerkstatt sicher auf die Liste des Weltkulturerbes schaffen. Für uns war das jedenfalls ein interessanter Tag!

Tag 6 – Vernebelt

Unser letzter Tag in der Auvergne sollte nicht mit Nebel sparen. So starteten wir für ein weiteres Abenteuer in näherer Umgebung. Nach kurzem Shopping in Billom – Brot und Wein – fuhren wir durchs Hügelland der Auvergne. Unterwegs wiesen Wegweiser zum Schloss von Montmorin, dem wir kurzentschlossen einen Besuch abstatteten. Fast 1000 Jahre alt war das Gemäuer, in dem einst Ritter Clarifix hauste. Wie so viele mittelalterliche Anlagen in Frankreich war auch dieses Schloss im 17. Jahrhundert auf Befehl Richelieus zerstört worden.
Ausgangspunkt unserer Wanderung auf dem sogenannten Weg der Druiden war das Dörfchen Fayet-le-Château. Ein wunderschöner Rundweg schlängelte sich durch die nebelverhangene Natur. Immer wieder tauchten mystische Baumriesen aus dem Nebel auf. Wir folgten dem Pfad an Weiden entlang und durch ein Waldstück, das mit unzähligen Felsen übersät war. Wie die Kinder spielten wir Verstecken und träumten uns in eine Welt der Ritter und Hexen… Sicher hätten auch unsere Enkel viel Spaß an dieser Tour gehabt. 🙂

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