Wieder einmal waren wir in Frankreich unterwegs, um eine neue Region zu entdecken – das Massif des Écrins. Schon bei der Ankunft in Val-des-Prés wurden wir von einem eindrucksvollen Bergpanorama begrüßt. Das gewaltige Massif mit 150 Gipfeln über 3000 Metern Höhe schottet sich vom Massentourismus erfolgreich ab. Insgesamt drei atemberaubende Wanderungen konnten wir bei gutem Sommerwetter unternehmen. Am letzten Tag besichtigten wir den Botanischen Garten am Col du Lautaret, da es im Tal gewitterte und regnete, so dass die geplante Wanderung ausfallen musste. Ein Rundgang durch die Altstadt von Briançon schloss die Urlaubsreise des Sommers 2024 ab. Gesund kamen wir am 13. Juli in Montpellier an und hatten all die vielen Eindrücke zu verarbeiten!
Nationalpark Écrins Tag 1: La Vallée d’Entre-les-Aigues
Ausgeruht und voller Vorfreude begaben wir uns zum Ausgangspunkt der Wanderung, die ihren Höhepunkt in einer Berghütte finden sollte. Im Vorfeld der Reise lasen wir im Internet davon, dass die Refuge des Bans für frischen Blaubeerkuchen bekannt sei. Ob wir davon naschen könnten? Zunächst waren wir gespannt, wie die Straßenverhältnisse bis zum Parkplatz sein würden, denn da hatten wir schon so manche Überraschung erlebt! Aber die Anfahrt verlief ohne Überraschungen. Wir waren offensichtlich nicht die einzigen Wanderfreunde und immer wieder begegneten wir Mitstreitern. Ralf und ich waren so sehr fasziniert von der Blumenvielfalt und den Blicken auf die in der Ferne liegenden Gletscher, dass wir anfangs gar nicht richtig vorwärts kamen vor lauter Staunen. Sind wir hier in Kanada? Diese Frage sollten wir uns angesichts der Wasserläufe, Wälder und Weite noch öfter stellen. Stetig ging es weiter bergan. Es wurde steiler und schmaler. Ketten waren zur Sicherheit an einigen Felsen angebracht. Ab und zu mussten wir Bäche überspringen, wenn keine Balken sie überbrückten. Dann standen wir sogar vor einem Schneefeld! Dank unserer guten Ausrüstung war das Überqueren allerdings kein Problem. So langsam kam die Hütte auf einem Bergsporn ins Sichtfeld. Wir erreichten sie nach einem letzten steilen Anstieg und wurden von den lebhaften Betreibern begrüßt. An einem runden Tisch unter einem Sonnenschirm fanden wir einen Schattenplatz und kamen dort mit einem älteren Wanderfreund ins Gespräch. Er entpuppte sich als Bretone und war in nur 2h den Berg hinaufgeklettert. Nun wartete er auf seine Tochter mit Familie, die ebenfalls unterwegs waren. Unterdessen bestellten wir Kaffee, Blaubeerkuchen und für jeden ein Crêpe! Was für ein Genuss, so hoch oben zu schmausen!
Nach der Stärkung und einer Ruhepause hieß es wieder, ins Tal abzusteigen. Inzwischen waren die Bäche durch Schmelzwasser voller und manchmal wurde es schwieriger, hinüber zu gelangen. Ich passte höllisch auf, nicht hinein zu fallen! Aber alles ging gut! Unterwegs bemerkte Ralf, dass das Akku seines Telefons leer war, so dass ich die weitere Aufzeichnung übernahm und es deshalb zwei Teile der Wanderung gibt. Und noch etwas bemerkte mein Liebster: Seine schönen Lederwanderschuhe waren dabei, sich aufzulösen bzw. die Sohle löste sich an verschiedenen Stellen ab. Zum Glück hielten sie an diesem Tag noch durch. In Briançon begaben wir uns in eine Schuhmacherwerkstatt, wo ihm von einer sehr freundlichen Meisterin mitgeteilt wurde, dass die Schuhe nicht zu retten seien! Was tun? Wir hatten unterwegs ein renommiertes Sportgeschäft gesehen, in dem Ralf erneut kompetente Beratung zuteil wurde. So kaufte er sich schließlich ein paar neue Wanderschuhe. Auf geht’s zur zweiten Runde!
Nationalpark Écrins Tag 2: La Vallée des Fonts de Cervières
Nachdem wir am Vortag eine Aller-Retour (Hin- und Zurück) Wanderung unternommen hatten, stand diesmal eine Rundtour auf dem Programm. Die Anfahrt führte erneut durch Briançon, von wo es weiter Richtung Ostsüdost bis zum Ende des Tals namens La Vallée des Fonts de Cervières ging. Ausgehend vom Weiler Les Fonts folgten wir dem Bach Torrent de la Cerveyrette stromabwärts auf schönem Waldweg durch Lärchenbestand. Nach knapp zwei Kilometern begann dann der Aufstieg, der sich erst in Kehren durch den Wald schlängelte und später durch offenes Gelände mit unzähligen Blumen zum Abfluss des Lac des Cordes führte. Bis dahin hieß es, knapp 500 Höhenmeter zu überwinden. Wir genossen das Panorama am Bergsee, bevor wir uns für den Weitermarsch rüsteten, auf dem es nochmals 100 Höhenmeter zu überwinden galt. Oben am Pass angekommen (2580 m), wehte uns ein kräftiger und kühler Wind um die Nasen. Fürs Picknick mussten wir uns ein windgeschütztes Plätzchen etwas abseits suchen. Erneut ließen wir unsere Blicke über die beeindruckende Bergwelt gleiten.
Anschließend senkte sich der Weg hinab ins Tal des Torrent de la Cerveyrette. An einem Abzweig entschieden wir, den GR-Fernwanderweg zu verlassen und auf einen Abstecher zum Ravin des Coutiers zu verzichten. Laut unserer Karte hätte der von uns gewählte Weg einfacher sein sollen (durchgezogene Linie statt Strichellinie). Doch staunten wir nicht schlecht, als wir im Tal eintrafen und vor dem reißenden Bach standen, über den kein Steg führte. Was tun? Wanderer am gegenüberliegenden Ufer beäugten uns skeptisch… Ein Stück stromaufwärts nach einem geeigneten Übergang suchen? Dazu wurde das Ufer zu steil. Wie sieht’s ein Stückchen stromabwärts aus? Hm, da geht der Bach in einen Wasserfall über. Steine hineinwerfen? Sah auch nicht sehr zielführend aus. Also beschlossen wir, den Bach barfuß und mit Unterstützung unserer Wanderstöcke zu durchwaten. Was für ein Abenteuer! Glücklich erreichten wir die andere Seite des Baches und liefen stolz zurück zum Ausgangsort unserer Tour, wo wir von weitem ein Auto der Gendarmerie sahen. Waren sie wegen uns gerufen worden? Beruhigend, dass sie schon vor unserer Ankunft im Dorf davon fuhren. Auch wir machten uns bald auf die Rückfahrt, stoppten aber nochmal am Rande eines ausgedehnten Moorgeländes mit mehreren Wandermöglichkeiten, um unsere letzten Kirschen zu naschen. An der gegenüberliegenden Felswand konnten wir einen Bunker ausmachen. Wie mögen die Soldaten da nur hineingelangt sein? Gut, dass diese Zeiten vorbei sind! Und ja, meine neuen Wanderschuhe hatten ihre erste Bewährungsprobe mit Bravour bestanden!
Nationalpark Écrins Tag 3: La Vallée de la Haute-Romanche
Unsere dritte Alpenwanderung begann auf 2057 m Höhe am Pass Col du Lautaret. Bequem fanden wir einen Parkplatz und den Einstieg zur Rundtour, die zunächst dem GR50-Fernwanderweg oberhalb der Fernverkehrsstraße nach La Grave (eines der schönsten Dörfer Frankreichs mit Seilbahn zum La Meije Gletscher!) und zum Lac du Chambon folgte. Nach gut 4 km erreichten wir den Weiler Le Pied du Col (Der Fuß des Passes), wo wir uns an einer Quelle erfrischten. Die Temperaturen kletterten eifrig an diesem Wandertag! Wir passierten einen Zeltplatz und einen kleineren Badesee, den Plan d’Eau d’Arsine, bevor wir im Tal der Romanche langsam wieder an Höhe gewannen. Vor dem großen Aufstieg hieß es, uns zu stärken. Um so mehr freuten wir uns, einen bequemen Picknickplatz im Schatten eines einzelstehenden großen Baumes gefunden zu haben. Langsam wurde der Weg steiler und steiler und länger und länger… 400 Höhenmeter galt es, am Stück zu bezwingen. Belohnt wurden wir mit tollen Blicken auf die gegenüberliegenden Gletscher, dem Glacier de l’Homme und dem Glacier du Lautaret. Ein recht bequemer Höhenweg, teilweise oberhalb größerer Hangabbrüche und zum Schluss hin durch dschungelartiges Unterholz, führte uns zurück zum Lautaret-Pass. Dort angekommen, waren unsere Beine zu müde, um auch noch den Alpengarten zu besuchen. Vielleicht ein anderes Mal (s.o./s.u.)?
Nationalpark Écrins Tag 4: Der Alpengarten von Lautaret und Rundgang durch Alt-Briançon
In der Nacht hatte es bereits geregnet und die Wettervorhersage war nicht sehr motivierend. Trotzdem wollten wir zu einer kürzeren Tour im Vallée de la Clarée bei Névache aufbrechen. Doch als wir zum Auto gingen, vernahmen wir Donnergrollen. No way! Kurzentschlossen beschlossen wir, stattdessen nach Briançon zu fahren. Ein Stadtbummel geht immer. Unterwegs kam uns dann die Idee, nochmals zum Lautaret-Pass zu fahren und den dortigen Alpengarten zu besuchen. Etwas besseres konnte uns nicht einfallen! Kurz vor dem Pass regnete es nochmal kräftig und am Pass angekommen, waberten dort noch Nebelschwaden um die Berge herum. Doch kurze Zeit später machten sich Radler und Biker zur Abfahrt bereit und wir vermuteten, dass sie per App über die Wetterlage informiert waren. So machten auch wir uns auf den Weg zum Aussichtspunkt und zum botanischen Garten. Es sollte eine mehrstündige Reise durch alle Bergregionen der Welt werden. Wir waren begeistert von der Anlage des Gartens, den Ausblicken, den vielen Pflanzen und farbenfrohen Blumen und den interessanten Informationen zu den einzelnen Regionen. Anschließend stärkten wir uns auf dem Picknickplatz vor dem Alpengarten und erstanden ein paar Spezialitäten der Region im Atelier du Lautaret.
Nach diesen tollen Eindrücken fuhren wir zurück nach Briançon, um uns die Altstadt und einen Teil der umfangreichen Festungsanlagen von Vauban anzuschauen. Wir waren offensichtlich nicht die einzigen, die vermutlich wetterbedingt diesen Plan hegten. Mit Mühe fanden wir einen Parkplatz und so konnten wir auf Entdeckung gehen. Zunächst folgten wir den Befestigungen aufwärts und erreichten einen Aussichtsplatz, von dem aus wir die weiter oben gelegenen Festungsanlagen, eine Verbindungsbrücke sowie die neueren Stadtteile von Briançon überblicken konnten. Dann tauchten wir in die Altstadt ein und genossen wie bereits am ersten Wandertag ein Crépe. 🙂 Zum Abschluss betrachteten wir noch einige der vor der Stadtmauer ausgestellten historischen Fotos zum Wintersport, bevor wir uns auf die Heimfahrt machten. Die Region und die Ferienunterkunft haben uns sehr gefallen und vielleicht kehren wir nochmal zurück in diese Gegend. Wer weiß?!