Samstag, 17. Juli: Fahrt über Espalion nach Aulus-les-Bains
Nach erfolgreicher Abnahme des Bungalows durch eine Angestellte der Ortsverwaltung fuhren wir noch einmal quer durch das wunderschöne Aubrac sowie Teile des Aveyron bis nach Rodez. Die Gegend wurde flacher, der Verkehr dichter und wir befanden uns mitten im sog. Bettenwechselverkehr. In Espalion kauften wir Brot, einen typischen Kuchen der Gegend und ein großes Schweineohr, bevor wir unsere Fahrt nach einer Ehrenrunde wegen mangelnder Anleitung vom GPS in Richtung Ariège fortsetzten.
Gegen 16h00 bogen wir auf den Parkplatz vor dem Grand Hotel ein und standen erstmal vor verschlossener Tür. Zwar hatten wir uns wie vereinbart per SMS angemeldet, aber erst nach einem Telefongespräch und einiger Wartezeit kamen zwei Gestalten, die uns einen holprigen Empfang bereiteten. Nachdem wir unser Gepäck hinauf ins muffig riechende Appartement bugsiert und uns eingerichtet hatten, starteten wir zu einem ersten Rundgang durch den Badeort im Pyrenäental.
Die hohen Berge riefen in mir Erinnerungen an unsere allererste gemeinsame Reise in die Pyrenäen im Jahre 2002 wach und ich war wieder fasziniert davon! Wir wandelten auf historischen Spuren des Dorfes, warfen einen Blick in die Kirche, die ein besonderes Glockenspiel ertönen ließ, und entdeckten eine Tischtennisplatte im Kurpark. Im Park gab es eine Trinkanlage, die leider nicht mehr in Betrieb ist. Eine der Quellen hieß « Armagnac » – ob aus dieser wohl einstmals das leckere Getränk floss? 😮 Der am Touristenbüro ausgehängte Wetterbericht versprach schönstes Sommerwetter für die kommenden Tage und kündigte eine Kinovorstellung in der Schulaula an.
Mit zwei Partien SkipBo beendeten wir den Tag und schliefen seelig in der angenehm kühlen und sehr ruhigen Wohnung!
Sonntag, 18. Juli: Wanderung zum Étang de Labant
Nach kurzer Einkaufsrunde ging’s zunächst einmal ins Touristenbüro, wo wir einen regionalen Wanderführer erstanden. Der Verkäufer wunderte sich über unseren irgendwie südlichen Akzent, verortete uns andererseits aber im Elsass. 🙂 Auf dem großen Ping-Pong-Tisch im Kurpark schlug sich Birgit anschließend bravourös.
Am Nachmittag fuhren wir hinauf zum Plateau de Girantes, von wo aus uns eine kleinere Wanderung zum Étang de Labant führte. Orchideen erfreuten unser Auge und ein Pelztier huschte durchs Gelände. Meinem Rücken ging es nach einer Woche Urlaub und sportlichen Betätigungen deutlich besser und wir konnten die Distanzen weiter steigern. So erweiterten wir den Rückweg vom malerischen See mit seinen Blaubeerbüschen und fleischfressenden Pflanzen um einen Abstecher zur alten Silbermine. Der Weg setzte sich fort über ein abseits gelegenes Plateau mit Nebelschwaden und sömmernden Pferden, bevor es auf kraxeligem Abstieg durch Buchenwald zurück zum Auto ging.
Montag, 19. Juli: Übers Courtal de Cougneit zum Col Dret
Am nächsten Tag steigerten wir uns von sechs auf neun Kilometer und legten auch nochmal ein paar Höhenmeter drauf. Über den Col d’Agnès fuhren wir zum Étang de Lers. Verwundert stellten wir fest, dass das Wort Étang nicht nur für die Boddengewässer bei uns in Montpellier benutzt wird, sondern auch für Bergseen. Wir folgten einem langsam ansteigenden Forstweg bis an die Baumgrenze und setzten dann zum steileren Anstieg aufs Courtal d’Arbiet an. Oben angekommen erblickten wir die Ruinen alter Steinhütten, an denen wir Picknick einlegten und jede Menge Blaubeeren pflückten. Teddy und Schwester Monika waren auch ganz beeindruckt. 🙂 Auf einem sanften Höhenweg zog sich der Rückweg über den Col Dret durch die Landschaft, bevor es durch einsames Waldgelände wieder bergab in Richtung See and Auto ging. Als Tier des Tages trug sich heute eine kleine Maus in unser Wanderbuch ein. 🙂
Dienstag, 20. Juli: Auf Suche nach der Gouffre d’Ajéou
Der heutige Tag sollte einiges an Überraschungen und kurzen Panikattacken mit sich bringen! Zeitig waren wir unterwegs, da uns eine längere Anfahrt über rumplige Wege und ein gewittergefährdeter Nachmittag bevorstanden. Als wir am Ziel weit über der Baumgrenze in praller Sonne ankamen, stellten wir fest, dass die Sonnencreme in unserer Ferienwohnung verblieben war. Was tun?! So ungeschützt konnten wir unmöglich losmarschieren. Ich schlug eine kürzere, tiefer gelegene Tour vor und fuhr uns zurück zur Unterkunft. Wie gesagt, der Weg war rumplig und ich verschätzte mich bei einer quer verlaufenden, metallischen Regenablaufrinne. 😮 Gefährlich kratzte es am Unterboden. Birgit musste aussteigen, damit wir etwas mehr Freiraum unterm Auto bekamen, und ich rollte langsam wieder zurück. Alles nochmal gutgefangen, doch Panik lag in der Luft…
Der zweite Anlauf brachte uns zum Col de Latrape. Kurz hinter diesem führte ein Pfad hinauf zum Plateau d’Ajéou. Schlammige, stachelige, bremsige Pfade führten quer durchs Gelände. Wir sahen eine Reihe aufgegebener Höfe, die von der Natur zurückerobert wurden. Unterwegs passierten wir den Gouffre d’Ajéou, eine sich nach unten öffnende Höhle. Viel war von ihr nicht zu sehen, stattdessen standen wir im Schlamm. Inzwischen hatten sich die Bremsen verzogen und der Weg führte uns bald durch einen schönen Buchenwald, so dass wir doch endlich ein Picknick einlegen konnten. Käffchen gab es im Ferienquartier, von dem aus wir dann das vorhergesagte, kräftig tosende Gewitter verfolgen konnten.
Mittwoch, 21. Juli: Waldwanderung Richtung Cascade d’Ars und später vom Port de Lers zum Col de Rose
Auch dieser Tag sollte sich unfreiwillig in zwei Etappen aufteilen. Wir wollten unbedingt zum Wasserfall von Aulus-les-Bains, der Cascade d’Ars. Da sich der Aufstieg von Aulus-les-Bains aus jedoch auf mehr als 500 Höhenmeter beläuft, wollten wir eine Alternativtour entlang eines Bergrückens gehen. Das hörte sich erstmal gut an. Allerdings mussten wir am Anfang einen Zaun queren und das Schild mit der Warnung « GEFAHR – Wanderweg unpassierbar – Gesperrte Strecke » ignorieren. Manchmal dient so etwas ja auch nur der Abschreckung unerwünschter Wanderer. Unser Motto des Tages lautete: Mutig – Unerschrocken – Weise! Durch herrliches Waldgelände zog sich der Weg entlang bemooster Felsbrocken. Plötzlich Getrappel – vier Wildschweine vor unserer Nase, die das Weite suchten. Unerschrocken setzten wir unseren Weg fort, der jedoch immer beschwerlicher und undeutlicher wurde. Als wir uns einem größeren Bereich voller Gebüsch gegenüber sahen, beschlossen wir in unserer Weisheit, auf gut halber Strecke umzukehren. Auf ein anderes Mal!
Ich hatte noch eine andere Wanderrunde geplant, die am Port de Lers losging. Am Anfang ging es steil auf einem Berggrat nach oben. Auf gut halber Höhe sollte dann links am Hang ein Höhenweg abzweigen. Birgit erspähte einen Steinmann, doch ein Pfad war nur schwer auszumachen. Später wurde die Wegführung eindeutiger, doch die pralle Sonne machte uns zu schaffen. Nach einer kurzen Pause an ein paar idyllisch gelegenen Tümpeln wurde der Weg wieder beschwerlicher und undeutlicher. Einmal mussten wir Kehrt machen und etwas kraxeln – dies war vermutlich der Moment, an dem Birgit ihre Sonnenbrille aus dem Dekolleté rutschte. 😮 Kurz darauf lautes Flügelschlagen – unweit von uns erhob sich ein Geier vom Felsen und ließ das Gerippe eine Schafes zurück. Birgit fragte sich zusehends, wie wir wohl je zurückfinden werden? Ihr Vertrauen in meine Wandernase wurde ordentlich auf die Probe gestellt. Schließlich erreichten wir den Col de la Rose und später eine Schutzhütte, an deren Quelle wir uns erfrischen konnten. Traurig ob des Verlustes der Sonnenbrille setzten wir die Tour fort und folgten zunächst einem Fahrweg, querten eine Horde Kühe, kämpften uns dann durch Schlamm und Farn – bis endlich wieder ein Pfad auszumachen war! Erschöpft erreichten wir unser Auto und freuten uns auf die baldige Dusche. Erfrischt ging es am Abend ins Restaurant La Goulue. Mit leckerem französischen Menü, Rotwein aus Pamiers, Armagnac und Eau de Vie de Poire ging der Tag zu Ende. Prost!
Donnerstag, 22. Juli: Cascade d’Ars & Étang de Guzet
Zweiter Anlauf zur Cascade d’Ars. Diesmal folgten wir dem offiziellen Aufstieg, der zunächst einem Forststräßchen folgt, bevor er in einen abwechslungsreichen Kraxelpfad übergeht. Schneller und leichter als gedacht kamen wir voran und schon bald bot sich ein toller Blick auf den imposanten Wasserfall. Als wir am unteren Ende des Wasserfalls herumkraxelten, fragten wir uns, wie es wohl am oberen Ende aussehen mag? So folgten wir – und nicht nur wir! – dem Wanderweg weiter himmelwärts. Oben angekommen fanden wir uns in einem wunderschönen Hochtal wieder. Und weiter ging’s über Wurzeln and Felskuppen durch schönes Waldgelände; auch ein paar Muren wollten gequert sein. Dem schloss sich der erste Teil des Abstiegs an, der uns zum Bergsee Étang de Guzet führte. Wir entledigten uns unserer Wanderstiefel und hielten die müden Füße ins kühlende Nass. Kaulquappen kamen angeschwommen und « knabberten » an unseren Füßen, was ein kitzeliges Gefühl hervorrief. Doch als Birgit einen 10 bis 12 cm langen Blutegel entdeckte, der sich unseren Füßen näherte, war es vorbei mit unserer Badelust. In langen Kehren zog sich der Weg ins Tal und führte uns bequem zurück zum Auto.
Freitag, 23. Juli: Unterhalb des Pic de Cabanatous zum Étang d’Alate
Am letzten Tag stellte sich die Frage: Kofferpacken oder Wandern? 😮 In Aulus-les-Bains herrschte emsiges Treiben, da ein Crosslauf durchs Gebirge anstand. Wir flohen ein weiteres Mal hinauf zum Plateau de Giranten und folgten dem selben Weg wie am Sonntag. Doch diesmal drehten wir nicht am Étang de Labant um, sondern folgten dem Weg weiter hinauf. Bald erklommen wir ein kleineres Plateau, von dem sich eine herrliche Sicht auf die umliegenden Bergzüge und rechts weit hinab bis nach Aulus-les-Bains bot. Dem schloss sich ein toller Höhenweg bei gefühlter Windstärke 12 an, der später in einen Anstieg vorbei an einer kleinen Baustelle überging. Als wir den Pass unterhalb des Pic de Cabanatous erreichten, staunten wir nicht schlecht, im Tal vor uns eine Reihe von Bergseen und Moorwiesen zu erblicken. Auch eine Wanderhütte befand sich dort in traumhafter Lage. Wir träumten von vergangenen und zukünftigen Touren…
Abermals folgten wir einem Höhenweg mit atemberaubenden Blicken und kletterten durch hingewürfelte Felsblöcke; kleine Teiche lockten auf grasbedeckte Halbinselchen. Nun hieß es Absteigen. Beschwingt bewegten wir uns auf einen klaren Bergsee zu, dem Étang d’Alate. Das Wasser mutete recht kühl an und wir widerstanden der Verlockung. Nach Picknick in Traumlage folgte ein letzter kurzer Aufstieg, der an einer Stelle sogar mit Ketten gesichert war, bevor es in kurzen Serpentinen steil hinab zum Pass Port de Saleix ging. Die Landschaft sah aus wie mit grünem Kunstrasen überzogen. Weit unter uns konnten wir bereits den Parkplatz und unser Auto erblicken. In langen Kehren senkte sich der Weg gen Tal; von den üppigen Weiden läutete Kuhgebimmel. Als wir ein kleines Waldstück passieren mussten, trat uns eine große weiße Kuh entgegen. Respektvoll ließen wir sie passieren und setzten unseren Weg zum Auto fort. Welch tolle Tour!
Samstag, 24. Juli: Rückfahrt über Mirepoix und die Schwarzen Berge
Wer kennt Mirepoix? Dabei handelt es sich nicht nur um eine Röstgemüsemischung, sondern auch um eines der schönsten Dörfer Frankreichs. Wir parkten am alten Bahnhof und nahmen einen kurzen Fußweg ins Ortszentrum in Kauf. Dieser Ort zeichnet sich durch seine mittelalterlichen Fachwerkhäuser auf hölzernen Arkaden (couverts) rund um einen ausgedehnten Platz (Place Général Leclerc), auf dem auch der Wochenmarkt abgehalten wird, aus. Als schönstes Haus am Platze gilt das aus dem 15. Jahrhundert stammende Maison des Consuls. Hier sind die Enden der Fachwerkbalken über der Arkadenzone reich skulptiert mit gekrönten Häuptern, schönen Frauen, phantastischen Bestien etc. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die ehemalige spätgotische Kathedrale St-Maurice aus dem 14. Jahrhundert. Besonders eindrucksvoll ist das Kreuzrippengewölbe des einschiffigen Langhauses, das stolze 21,40 m misst ist und somit das breiteste aller jemals in Frankreich erbauten Kirchenschiffe darstellt.
Doch auch kulinarisch kamen wir nicht zu kurz. Nach einigem Hin und her entschieden wir uns für das bereits anfangs anvisierte Restaurant L’Autre Jardin (« Der andere Garten »), in dem eine Mischung aus japanischer und französischer Küche kredenzt wird. Lecker lecker, sag ich nur! 🙂
Dem schloss sich die letzte Etappe unseres zweiwöchigen Urlaubs an. Bald war die Autobahn bei Carcassonne erreicht und wir rollten gen Süden, als sich ein langer Stau und Rauchfahnen am Horizont abzeichneten. In geradezu letzter Sekunde konnten wir dem Desaster entgehen – die Autobahnbenutzung samt ihres Urlaubsverkehrs war für sieben Stunden aufgrund von Waldbränden stark eingeschränkt – und fuhren nach Gefühl und Himmelsrichtung, unterstützt von unserem Navigationssystem, durchs Land der Katharer mit seinen imposanten Burgen, vorbei an Olargues und dem Lac du Salagou. Entspannt rollten wir gegen 19h30 auf den Parkplatz unserer Residenz. Welch tolle Tage! Und welche Wohltat für Rücken, Augen und Geist!