Kurzurlaub in den Cevennen

Endlich war es so weit! Unsere langersehnte Urlaubsreise stand bevor. Allerdings verlief sie ganz anders als ursprünglich geplant. Eigentlich wollten wir ja in Deutschland Enkelurlaub am Senftenberger See und in der Sächsischen Schweiz verleben, gefolgt von einem Abstecher in die belgischen Ardennen. Nun, SARS-CoV-2 machte uns einen Strich durch die Rechnung und wir durften uns Ende Mai maximal 100 km von unserem Wohnort entfernen. Wohin also? Unweit von Mende sollte es uns in die Cevennen führen.
Nach gemütlichen Anfahrt auf landschaftlich schönen Straßen, unter anderem entlang des Vallée-Française (« französisches Tal »), fuhren wir zunächst nach Balsièges, um dort eine kleinere Wanderung zu unternehmen. Es dauerte nicht lange, bis wir die ersten Orchideen am Wegesrand erblicken sollten. Orchideen wurden uns zu einem ständigen Begleiter auf unseren Touren in den Cevennen. Immer wieder sind wir fasziniert von ihrer Schönheit und Vielfalt, aber auch von ihrer weiterverbreiteten Anwesenheit.
Oberhalb von Balsièges erkundeten wir eine alte Kapelle und die etwas tiefer gelegene Eremitage, in der der Einsiedler Antoine Luquet Mitte des 17. Jahrhunderts hauste und die Kapelle mit Hilfe des ansässigen Pfarrers und seiner Gemeindemitglieder einrichtete. Doch bereits vor ca. 4500 Jahren war dieser Ort besiedelt!

Nach weiteren 30 Minuten Fahrt erreichten wir schließlich La Fage, einen kleinen Weiler auf ca. 1200 m ü. M. Nachdem wir von den Besitzern des Ferienhauses, einer ehemaligen Scheune, freundlich empfangen und eingewiesen worden waren, machten wir uns auf zu einem erstem Erkundungsgang durch das kleine Örtchen. Der Ginster blühte irre gelb und duftete kräftig, aber auch Schwertlilien und Mohn gediehen üppig. Als Besonderheit besitzt der Ort noch eine Unwetteralarmglocke, die im Falle eines tourmente (plötzlicher und heftiger Sturm) die Einwohner warnen und den Weg zurück zum Hof weisen sollte.

Wanderung am Pfingstsonntag, den 31. Mai

Die erste größere Wanderung begann in Lanuéjols, wo wir zunächst von den Überresten eines römischen Mausoleums überrascht wurden! Solch ein Monument hatten wir im Lozère nicht erwartet, so dass wir ihm erst einmal unsere volle Aufmerksamkeit widmeten. Genauso aufmerksam betrachteten wir die herrlichen Rosenbüsche und später den Goldregen, der wie ein Wald im Wald wuchs und gerade in voller Blüte stand. Durch den Ort ging es durch Weideland auf trittsicheren Pfaden bis zum Château du Boy, welches sich still und friedlich in der Sonne präsentierte. Spätere Recherchen ergaben, dass hier therapiewillige, ehemalige alkoholkranke Mitbürger während einer achtwöchigen Kur auf ihr neues Leben vorbereitet werden. Eine sehr schöne Anlage ist das!
Danach begann der Aufstieg, der leichtfüßig zu bewältigen war. Auf dem Plateau lagen entwurzelte, noch jung scheinende Bäume zu Hauf herum. Wir fragten uns, ob sie Opfer eines Unwetters geworden waren oder eine planmäßige Rodung stattgefunden hatte. Eine Antwort fanden wir nicht. Der breite Waldweg zog sich unterm Blätterdach dahin und am Waldesrand machten wir Halt für ein Picknick. Anschließend liefen wir auf einem rumpeligen Forstweg hinab bis nach Launéjols. Dort freuten sich unsere Füße über den Schuhwechsel. Ich ließ, wohl vor Erschöpfung 😮 , meine Sonnenbrille auf dem Mäuerchen liegen. Dies bemerkte ich unglücklicherweise erst am Gîte, so dass Ralf noch einmal mit mir zurück zum Parkplatz in Lanuéjols fuhr – zu meiner Freude war die Brille noch da! Es wäre nicht die Erste, die mir durch Mißgeschick und Unaufmerksamkeit abhanden gekommen wäre!!

Wanderung am Pfingstmontag, den 1. Juni

Für heute vormittag war gutes Wanderwetter vorhergesagt, so dass wir relativ zeitig aufbrachen. Ralf hatte eine Tour über den Causse de Sauveterre – Plateau der geretteten/geschützten Erde – geplant. Die Tour begann in Molines, einem Ort am Tarn. Gleich zu Beginn fesselte uns wieder ein wunderschön üppig blühender Rosenstrauch, an dem wir nicht so leicht vorbei kamen. Zwanzigzwanzig scheint ein Rosenjahr zu sein! Danach liefen wir ein Stück auf der Nationalstraße, bis es steil auf sog. SingleTrails hinan zum Plateau ging. Immer wieder blickten wir hinab auf Ispagnac, den Fluß, die schöne Bergwelt. Jede Menge Blumen und vor allem vielfältige, blühende Orchideen säumten den Weg und beblümten die Wiesen! Einfach herrlich anzusehen! Durch einen Hohlweg, wo ein Zaunkönig unwirsch versuchte uns wegzulocken, gelangten wir zu einem abgelegenen Örtchen. Eine Unwetterglocke und einige Steinhäuschen bildeten den Ortskern. Wir mussten sehr genau schauen, ehe wir den weiterführenden Wanderweg in der Umgebung entdeckten. Das umliegende Weideland, die vielen Steinhaufen und aufgeschichteten Mäuerchen erinnerten uns an Urlaube in Irland sowie Schottland. Alles war so friedlich und der weite Blick übers Causse – unbeschreiblich! Am höchsten Punkt ließen wir uns für ein Picknick nieder. Langsam begann der Wind sich zu verstärken und Wolken zogen auf. Der angekündigte Regen nahte. So hielten wir uns nicht länger auf, sondern begannen den Rückweg. Bis zum Mas André zerrte der Sturm an uns; später ging es in Serpentinen durch ein Waldstück immer weiter hinab. Bald kam Molines wieder in Sicht. Nach dieser Wanderung hatten wir erstmals seit langem Blasen an den Wanderfüßen. 🙁 Wie mag es weitergehen? Doch nun waren wir erstmal glücklich und voller schöner Eindrücke vom heutigen Wandertag!

Wanderung am Dienstag, den 2. Juni

Eine Tour sollte uns in die Schlucht des Flüsschens Bramont führen (Gorges du Bramont). Ursprünglich wollten wir vom Parkplatz im Tal aufs Plateau aufsteigen und dann in der Talsohle zurückwandern. Doch am Vorabend sah ich, dass wir die Tour auch direkt am Ferienhäuschen beginnen können, dann allerdings invers, also erst runter und zum Ende wieder hoch. Da wir gern mal auf unser Auto verzichten wollten, entschieden wir uns für diese Variante, die uns auch von unseren Gastgebern am Anreisetag empfohlen worden war.
Auf einem gemütlichen Feldweg ging es vorbei an Blumen und Kühen, die sich für uns zu einer Miss-Kuh-Wahl aufstellten. Das sah lustig aus! 🙂 Auch sahen wir gelben Enzian und uns wurde klar, warum an einem der Vortage ein Mann mit so einer riesigen Forke am Wege herumstromerte. Er war wohl auf Enzianwurzelernte.
Nachdem wir ein altes Cevennengut passiert hatten, zog sich ein wunderschöner Pfad langsam absteigend durch den Wald. Große grüne Eidechsen wurden gesichtet. Plötzlich stürzte Birgit mit einem Schrei auf mich zu. Nein, kein wildes Tier. Sie war gestolpert und fürchtete, auf ihre Knie zu stürzen. Ich konnte sie grad noch halten. Ein Glück, denn das ganze geschah am Rande eines steil abfallenden Wegstücks und hätte böse enden können! Vielleicht waren wir schon etwas unterzuckert und daher unaufmerksam, doch für unser Picknick hatten wir uns ein Plätzchen am Ufer des Bramont ausgesucht, der bald darauf in Sichtweite kam.
Nach dem Picknick und Fußbad (für Birgit) liefen wir im Talgrund stetig bergauf, bis wir zu einem Bauernhof mit alten und neuen Landmaschinen kamen. Ein Hund stürzte auf uns zu, war aber friedlich und wurde von seinen Besitzern zur Ordnung gerufen. Auch ein paar Ziegen meckerten im Stall. Der Hofladen hatte allerdings geschlossen, so dass kein Ziegenkäse (Pélardon) in unsere Rucksäcke kam. Unser « Heimatdorf » war schon in Sichtweite. Allerdings mussten wir noch einmal durchs Tal des Bramont und auf der Gegenseite auf schmalem Pfad steil durch hohes Gras und Unterholz aufsteigen. Bei der Gelegenheit holten wir uns wohl die ersten paar Zecken in diesem Urlaub, die wir aber rechtzeitig bemerkten und entfernten. Schlimmer noch waren die nun weit angeschwollenen Blasen an unseren Hacken. Ob wir am nächsten Tag wohl nochmals wandern könnten? Auch war die Wettervorhersage nicht sehr vielverspechend…

Wanderung am Mittwoch, den 3. Juni

Unsere letzte Urlaubswanderung führte uns in die Gegend des Col de Montmirat, ca. 20 Autominuten von La Fage entfernt. Beide waren wir etwas durch die Wanderblasen am Fuß beeinträchtigt, doch wir wollten es probieren zu wandern. Mit entsprechenden, am Vorabend in der Apotheke besorgten Pflastern verarztet liefen wir vorsichtig los. Bei mir ging es relativ gut, aber Ralf hatte zunächst Mühe eine komfortable Wanderposition zu finden.
Unsere Augen und wir wurden bei dieser Randonée wieder vom Anblick der schönsten Blumenwiesen verwöhnt. Plötzlich huschte etwas vor unseren Füßen vorbei: Es war eine Blindschleiche, die von Waldameisen attackiert wurde. R(i)etter Ralf machte sich sogleich an eine erfolgreiche Rettungsaktion. Danach fühlte auch er sich leichtfüßiger und konnte die schöne Umgebung genießen bis, bis es auf zugewachsenem Pfad weiter ging und wir von einer Zeckeninvasion überfallen wurden! Schnell zogen wir uns lange Sachen über und versuchten rasch voran zu kommen. Am Wiesenrand machten wir Rast, denn wir glaubten uns hier sicher vor den Plagegeistern! Weit gefehlt! Auch hier krochen sie an uns herum, so daß wir erneut flüchteten. An den nächsten Tagen beobachteten wir uns besonders aufmerksam und sind inzwischen frei von Zecken! Wer braucht diese Tierchen?
Am Ende der Wanderung mußten wir noch einmal alle Kräfte für einen letzten Aufstieg aufbieten und ließen uns oben von dem schönen weiten Blick über die Landschaft aufmuntern. 🙂

Ce contenu a été publié dans 2020, Birgit, Frankreich, Ralf, avec comme mot(s)-clé(s) . Vous pouvez le mettre en favoris avec ce permalien.