Flitterwochen auf Korsika

Korsika – von einer Reise auf die Insel im Mittelmeer, wo Napoleon geboren wurde und die ihrer einzigartig abwechslungsreichen, schönen Landschaft wegen viel gepriesen wird, träumten wir schon länger. Nach unserer Übersiedlung nach Südfrankreich näherten wir uns nicht nur geografisch unserem Traum an. Die Fährverbindung Marseille – Ajaccio erlaubt es, mit dem eigenen PKW zu reisen. Dies empfinden wir immer als Vorteil. Korsika war aber nicht nur so ein Ziel zum Entdecken, sondern es war das Ziel unserer Hochzeitsreise! Am 16. Mai 2012, genau ein Jahr nach Ralfs romantischem Heiratsantrag auf Island, heirateten wir im Kreise unserer Eltern in Wörlitz. Wir hatten diesen Ort gewählt, da wir viele schöne Stunden zu jeder Jahreszeit dort verbrachten und wir den Park lieben. Nur wenige Tage nach der Hochzeit, am 19. Mai, begann unsere Entdeckungstour – eine Rundreise auf Korsika.

Samstag, 19. Mai. In Marseille sollte es auf die Nachtfähre nach Ajaccio gehen. Am Hafen erwartete uns eine Umleitung zu einem Port außerhalb. Nach anfänglichen Verwirrungen und Verirrungen kamen wir noch rechtzeitig zum Pier. Allerdings konnten wir uns nicht wie geplant mit einem Sandwich zum Abendessen versorgen. Das Einchecken verlief problemlos. Bald bemerkten wir, dass die Fähre nur ungefähr zu einem Drittel ausgelastet war. Für uns war das angenehm. In einer Bar kaufte Ralf Charcuterie und Getränke, die wir uns mit Blick auf Marseille schmecken ließen. Einigermaßen irritiert war Birgit, als sie einen Turm und eine Kapelle immer wieder in der Ferne vorbeiziehen sah. Wie konnte das sein? Ralf neckte Birgit mit allerlei lustigen Erklärungen. Nach einigen Runden Skip-Bo gingen wir zu Bett in unsere Kajüte.

Sonntag, 20. Mai. Am nächsten Morgen, der gleichzeitig Ralfs Geburtstagsmorgen war, legten wir pünktlich um acht Uhr im Hafen von Ajaccio an. “Nous avons acosté!” hallte es aus dem Lautsprecher und gespannt fuhren wir vom Schiff. Zunächst brauchten wir einen Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen. Beides fanden wir in einem hafennahen Salon de Thé und machten erstmals Bekanntschaft mit dem wunderbar aromatischen, korsischen Kaffee. Anschließend brachen wir zu einem Rundgang durch Korsikas Hauptstadt auf. Uns erinnerte unter anderem die Architektur sehr an Italien bzw. Venedig. Die meisten Straßenschilder waren ebenfalls zweisprachig und in der Geschichte Korsikas ging es immer recht turbulent zu. Bis heute „kämpfen“ die Korsen um Unabhängigkeit und man begegnet Spuren dieser Konflikte. Den Korsen wird ja auch ein schwieriger Charakter und wenig Liebenswürdigkeit nachgesagt. Im Laufe unserer Reise lernten wir viele, überwiegend nette Korsen kennen. Ein gewisser korsischer „Charme“ war oft erkennbar bzw. fühlbar und wir sprachen desöfteren von „korsischen Scherzen“, die mit uns und anderen Touristen getrieben wurden.
Ajaccio ist eine mittelgroße Hafenstadt mit Bergpanorama und Flughafen, Museen, Strand, einem Marktplatz und dem Geburtshaus Napoleons. Nachdem wir einen Eindruck vom Stadtleben hatten, brachen wir zum Tagesziel Bonifacio auf. Der Himmel hatte sich inzwischen bezogen und es begann zu regnen. Das Capo di Muro wurde als Zwischenziel angesteuert. Dort wollten wir eine erste kleine Wanderung machen, bevor es zur Residence „Sophia“ gehen sollte. Unser „Mut“, diesen Regenspaziergang zu unternehmen, wurde mit herrlichen Meeresblicken, Kräuterduftvariationen und Blumenvielfalt belohnt. Wir bestiegen einen genuesischen Steinwachturm und zelebrierten unser Picknick im Auto. Der Regen wurde immer heftiger und bei Strippenregen kamen wir gegen 16 Uhr in der Residence an. Allerdings war weit und breit niemand zu sehen, die Rezeption war unbesetzt. Was tun? Birgit telefonierte mit einem Hotelangestellten eines auf der Email vermerkten Hotels, der uns nett aufforderte, im Auto zu warten, und uns schnell jemanden mit Schlüssel schickte. Nach der Übergabe drehten wir als erstes die Heizung hoch. Der gemütliche Bungalow war für zwei Nächte unsere erste Station auf Korsika. Birgit überraschte Ralf mit einer Wikana-Kekstorte und anderen Kleinigkeiten zum Geburtstag, der mit einer spannenden Canastarunde zu Ende ging.

Montag, 21. Mai. Nachts schwere Gewitter, Starkregen. Gemütliches Frühstück. Langsam lichteten sich die Wolken und gegen 11 Uhr fuhren wir nach Bonifacio. Schon die Anfahrt war beeindruckend. Die Stadt steht auf einem Felsblock vis-à-vis de la mer und geht bis direkt an den Abgrund. Beim Crêpesessen muss man schwindelfrei sein! 🙂 Wir wandern an der Steilküste durch ein Blumenmeer und ein Hund begleitet uns mal wieder. Immer wieder schauen wir zurück auf die imposante Ansicht Bonifacios. Sonne kommt hervor und ein kräftiger Wind fegt auch noch die letzten Wolkenreste weg. Später schlendern wir durch die Gassen, kaufen erste Ansichtskarten, kehren ein und lassen uns auch nicht von einem Regenschauer verdrießen. Am Parkplatz bzw. kurz dahinter entdecken wir einen Friedhof, der uns neugierig macht. Kleine Steinhäuschen bilden ein regelrechtes Dorf und jede Familie hat sein „Häuschen“ dekoriert. Wann fangen die Lebenden an mit der Konstruktion? Bei der manifesten Bauweise darf wohl nicht allzu lange gewartet werden bis zum entscheidenden Augenblick. 😮 Diese Bestattungsform sahen wir auf ganz Korsika – manche „Häuschen“ standen auch einzeln an ruhigen Plätzen.

Dienstag, 22. Mai. Etappenfahrt nach Corté, der historischen Hauptstadt im Zentrum Korsikas. Foto- und Trinkpausen, Camping und Hüttendörfer mitten in den Wäldern, Touristen, Autos fast ausschließlich mit deutschen Nummernschildern, leider einige wenig charmante Orte an der Ostküste und auffällige italienische Prägung. Versuch einer Gumpenwanderung – der Pfad ist steil und teilweise zugewachsen, so dass wir nach einer Stunde Kletterei umkehren. Picknick am Penna Belvedere wird mal wieder von einem anhänglichen Hund vereitelt. Finden Ruhebank mit Bergblick und kommen nach ruhiger Fahrt gegen 17 Uhr in Corté an. Das frisch renovierte Gästehaus liegt direkt an der Hauptstraße und ist sehr chic. Nach anfänglicher „Kühle“ entwickelt sich nach und nach ein herzlicheres, offenes Verhältnis zu den Gastgebern. Nach kurzer Ruhepause und Dusche fahren wir die ca. drei Kilometer in die historische Innenstadt und essen unser erstes „Menu Corse“. Die Vorspeise Beignets (Pfannkuchen) mit Käse- bzw. Porreefüllung mundet uns sehr, stellt aber schon fast ein vollständiges Mahl dar! Oh là là!

Mittwoch, 23. Mai. Wanderung ins Tavignanotal bei herrlichem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen. Blumenvielfalt, eine Bachüberquerung und einige Wanderer auf dem auf und ab gehenden Maultierpfad machen diesen Tag angenehm. Nach zweieinhalb Stunden erreichen wir eine Passerelle. Hier machen wir Picknick und Birgit möchte unbedingt in einem der Wasserbecken = Gumpen baden – ewige Jugend und Gesundheit erhoffend. 🙂 Nach einigem Zaudern taucht sie unter – zwar nur ganz kurz, aber es ist herrlich! Im Sommer muss so ein Bad wunderbar erfrischend sein! Wir beobachten einen Wiesel, später eine Hangkuh. Großartige Felsformationen, die uns an die Dolomiten erinnern, bilden eine schöne Kulisse. Mit Blick auf Corté und die Zitadelle wandern wir fröhlich zurück. Im Gästehaus beziehen wir unser Zimmer mit Badewanne und steigen auch gleich ins Wasser. Ein Sonnenbad auf dem Balkon entspannt uns komplett. Zum Abendessen geht es wieder ins Zentrum. Bei der großen Anzahl an Restaurants fällt es nicht leicht, sich zu entscheiden.

Donnerstag, 24. Mai. Nach dem Frühstück um acht Uhr fahren wir fast zwei Stunden ins Virutal bei Calasima. Die Fahrt führt durch felsige Berglandschaften weit ins Hinterland und vorbei an einem Stausee. Auf der Straße begegnen uns Schafe, Ziegen, Kühe, Hunde und halbwilde Schweine. Wie aus dem Nichts tauchen idyllische Ortschaften auf. Wir stellen das Auto an einem Waldrand ab und gehen gegen 10:15 Uhr los. Genau sechs Stunden später sind wir wieder zurück. Zunächst gehen wir auf einem breiten Forstweg, steigen dann auf durch einen Nadelwald, wo Ralf kurz die Grotte Angeos erforscht. Angesichts des eher langweiligen Sandstreifens beschließen wir, über einen Wiesenhang zum Sattel aufzusteigen. Das macht uns viel mehr Spaß. Oben angekommen geht es durch ein Waldstück bis zur Bergerie Ballone. Ein Porzellanwaschbecken ist in die Steine geklemmt und hat sogar einen Wasserhahn. Eine Ü/HP kostet 31 Euro/Person! 😮 Wir überqueren einen breiten Bach, indem wir über die großen Steine klettern – so etwas lieben war! Herrliche Gumpen! Wir machen Picknick und treffen ein weiteres deutsches Wanderpärchen.
Auf dem bekannten GR20 geht es nun wieder hinab ins Tal. Bei dieser Wanderung beeindruckten uns besonders die riesigen Bäume mit ihren gewaltigen Stämmen und Kronen – Baumriesen, Baumgerippe, Baumtorsen, Baummonumente, Baumrinden – noch nie so gesehen. Wir sehen die Cinque Frati – die fünf Brüder wie Minidolomiten vor uns sowie den Monte Cinto – angeblich der schönste Berg Korsikas. Es ist sonnig, später bedeckt und mild. Der Weg schlängelt sich herrlich durch das Grün und am Ufer zweier Bäche entlang. Insgesamt vier Überquerungen absolvieren wir und an einer schönen Stelle machen wir noch einmal Rast. Schnell ist der letzte Abschnitt geschafft. In Calacuccia trinken wir einen Kaffee und direkt vor uns hält justament ein Reisebus mit deutschen Rentnern. Wir denken an unsere Eltern und meinen, dass ihnen das auch gefallen täte. 🙂 Im Gästehaus gibt es Erholung im Frühlingsbad, dann Sonnenbad auf der Terrasse und Vit-Q für ewige Jugend – wir albern herum und essen am Abend Pizza bei den „Bagaluden“. Ein halber Liter Bier kostet sage und schreibe sechs Euro! Aber wir sind in den Flitterwochen und einfach nur glücklich.
„Korsischer Scherz“ – bei den Bagaluden: Ein freundlicher, älterer Herr lockt uns ins Resto. Augenscheinlich übernehmen drinnen seine Frau und der Sohn das Zepter. Wir warten, ehe unsere Bestellung aufgenommen wird, dermaßen lange, dass wir fast gehen wollen. Das Essen kommt dann jedoch recht zügig. Für die facture benötigen wir allerdings mehrere Anläufe und sind dann noch vom Bierpreis geschockt! Trinkgeld gibt es leider nicht, denn der Service total est compris! « Bonaparte » ist ein echter Touristenkiller.

Freitag, 24. Mai: Birgits Taufe. Der Tag begann mit Sonnenschein und einer wunderschönen Fahrt durch das Restonicatal bis zum Wanderparkplatz. Hier war schon allerhand los; wieder hörten wir viel deutsch. Zügig ging es über einen steinigen Weg bis zu einer Weggabelung. Hier mussten wir uns entscheiden: einfach oder sportif? Da wir keine Furcht vor Ketten, Leitern und Kletterei haben, wählten wir die angeblich schwierigere Variante. Dazu durchquerten wir ein wunderbar frühlingsgrünes Haselwäldchen. Wasserfälle plätscherten munter. Uns begegneten viele Wanderer an diesem Tag. Durch die sportliche Kletterei gelangten wir recht schnell zum Melosee. Er lag wie ein riesiges blaues Auge, umgeben von noch teilweise schneebedeckten Felsen, vor uns. Fotosession, Bananenpause, Trinkflaschenverschlussangelei. 🙂 Nun wollen wir auch noch den Capitellosee erreichen. Steil geht es bergan. Birgit klettert behende, während Ralf noch Fotos macht. Als erste von uns beiden gelangt Birgit zu einem Bächlein. Ermutigt von den Passagen der letzten Tage hat sie auch hier keine Angst oder Zweifel. Eins – zwei – drei – autsch – rutsch – flutsch – und Birgit liegt wie ein Käfer zappelnd auf dem Rücken im Wasser. Das ist eiskalt und zum Glück ist Ralf sogleich zur Stelle, um sie zu „retten“. Doch nun ist sie pitschnass und Wechselwäsche ist nicht zur Hand. Schnell reißt sie sich die nasskalten Klamotten vom Leibe und wickelt sich in ihr himmelblaues Mikrofaserhandtuch. Was nun machen? So kurz vor dem Ziel! Merde! Sie ist wütend auf sich. Außerdem zieht auch noch ein Gewitter auf! Wir entscheiden sofort umzukehren. Birgit schlingt kunstvoll das Handtuch als Windel um ihre Hüfte und zieht die klatschnasse Wanderhose drüber. Ihr Fleece-Shirt war trocken geblieben und ein paar trockene Socken fanden sich auch noch. Ohne anzuhalten „rasen“ wir vom Berg und stellen fest, dass die angeblich leichte Variante so ihre Tücken hat. Zweimal noch zittern unsere Knie, als wieder Bäche auftauchen. Aber es geht alles gut. An diesem Tag ist Birgit übrigens nicht die einzige, die „getauft“ wurde. Am Auto zieht die gewindelte Oma die nassen Wanderschuhe aus und steigt daheim sogleich in die heiße Badewanne. Die Wirtsleute helfen uns mit Zeitung zum Ausstopfen der Schuhe und Wäscheleine zum Trocknen der Sachen. Inzwischen können wir über diese kleine Episode lachen und irgendwann geht es nochmal hinauf zum Capitellosee!

Samstag, 26. Mai. Fahrt nach Vizzavona über schöne Bergstraße und Parken à la Gare. Wir wandern auf weichem Boden durch sonnengefluteten Laubwald. Orchideen, Alpenveilchenteppiche, Baumskulpturen und Bäche fesseln unsere Aufmerksamkeit. Heute überqueren wir das fließende Gewässer über eine stabile Holzbrücke, von der aus wir zwei Cascaden sehen. Das waren also die « cascades des anglais » – bof. Na, gehen wir doch noch mal hier lang und dann beginnt ein einmaliges Abenteuer: Wasserfälle, immer neue Becken, Gumpen kommen zum Vorschein, je höher wir die Felsen emporklimmen. Magnetisch zieht es uns hinauf. Die herrlichen Bäume – ein ergreifendes Ambiente. Wir nehmen uns viel Zeit und machen Picknick, bis uns Regentropfen und Gewitter zur Umkehr zwingen. Gemächlicher Abstieg bei leichten Regenschauern; wir hängen jeder unseren Gedanken nach. In der Bahnhofsrestauration bestellen wir Café-au-lait und Crêpes – letztere werden kalt serviert und sind offensichtlich aus dem Supermarkt. Ein weiterer korsischer Scherz?! Die Wanderung war aber viel zu schön, als dass wir uns davon verdrießen ließen. Im Nebel geht es zurück nach Corté, unterbrochen von ein paar Fotopausen. Beim Anblick einer imposanten Eisenbahnbrücke kommt uns die Idee, mal mit der korsischen Bahn zu fahren. Ralf organisiert einen Fahrplan und lädt Birgit am Abend zum nachträglichen Geburtstagsdinner ein.
PS. Beim Picknick erfindet Ralf gefüllte grüne Paprika, so dass uns sogar die grünen Früchte schmecken. 🙂

Sonntag, 27. Mai: Ruhetag. 🙂 Mit dem Zug fahren wir in den mondänen Küstenort Calvi. Zunächst bis Ponte Leccia im bequemen Triebwagen. Dann steigen wir um in eine Bahn aus einer früheren Epoche. Das Züglein quietscht und schnauft, rattert und rüttelt durch die Berge und dann direkt über den Strand von Île-Rousse nach Calvi. Wiederum ein besonderes Erlebnis, ein Abenteuer. In Calvi liegen große Yachten im Hafen, ein Café reiht sich ans andere und wir steigen zur Zitadelle hinauf, lassen uns treiben bei herrlichem Sonnenschein. Als wir aus der Kapelle St-Joseph treten, entdecken wir einen Salon de Thé der besonderen Art: Brocante, Blick auf den Hafen und selbstgebackener Kuchen abseits vom Touristenrummel. Noch nie aßen wir eine Tarte au citron und ein Crumble dieser Qualität! Auf der Speisekarte stehen als Muffins übersetzte 4/4 – wir lassen uns erklären, was das ist und müssen unbedingt probieren. Dieses sympathische Plätzchen werden wir so schnell nicht vergessen. Über den Columbus-Platz und eine Touri-Nepp-Gasse schlendern wir zurück zum Gare. Etwas geräuschärmer geht es zurück nach Corté, wo wir erfahren, dass es Regen und Gewitter gab. Was für ein Glück wir hatten bei unserem Ausflug.

Montag, 28. Mai. Wir nehmen Abschied von Corté und fahren Richtung Norden zum Meer. Die Fahrt von Corté durch die Berge war wunderschön. Die genügend breite, gut ausgebaute Straße schlängelte sich durch das blütengeschmückte Macchialand: Ginster, Mohn, Zistrosen, Margeriten, Sumpfdotterblumen. Der anfangs noch graue Himmel wurde zusehens blauer und die Maisonne verdrängte die Regenwolken. Ursprünglich wollten wir mit einem Boot von Saint-Florent aus zum Lotostrand fahren und zurück wandern. Jedoch war der Küstenort derart überlaufen und kribbelig, dass wir umplanten. Über einen holprigen Forstweg gelangen wir oberhalb des Meeres zu einem Parkplatz, den Birgit in dieser Einöde nie vermutet hätte. 😉 Von hier wandern wir auf einem teils sumpfigen Modder-Küstenweg bis zu einer märchenhaften Bucht. Wir fühlen uns wie im Paradies, baden, tauchen, schwimmen und picknicken. Das Wasser ist herrlich blau, die Kulisse postkartenreif! Etwas wehmütig laufen wir zurück zum Auto, denn unser Tagesziel heißt Algajola. Hier kommen wir gegen 17:30 Uhr an und beziehen ein hübsches Zimmer in einem Gasthaus mit schmaler Treppe und Blick auf die Zitadelle. Romantik pur! Eine Dachterrasse für Frühstück und Mondschein-RDV, ein Badestrand, zahlreiche Restos und eine nette Vermieterin (Maud). Noch ist die Anzahl der Touristen überschaubar, doch der Sommer steht schon vor der Tür! Abends im Restaurant wiederum nur deutsch um uns herum. 🙂 Rigolo!

Dienstag, 29. Mai. Wir genießen das tolle, reichliche Frühstück auf der Sonnenterrasse unterm Sonnensegel. Dann Abfahrt in den Forêt de Bonifatu, wo wir durch duftenden, blühenden Kiefernwald 700 m hinauf wandern. Durch die Serpentinenwege spürt man den Anstieg wenig. Außerdem legen wir alle 30 Minuten eine Trinkpause ein. Nebelschwaden versperren uns die versprochene Aussicht und ein « Marsradfahrer » erschreckt uns mit seinen Geräuschen. Wir gelangen zu schönen Felsformationen, Blumenwiesen und Lichtungen – hier pausieren wir und machen Picknick. Nach einiger Zeit des Verweilens geht es wieder hinunter. Plötzlich geht es, anders als in der Beschreibung, noch einmal ziemlich heftig bergan. Wir bieten abermals unsere Kräfte auf und gelangen schweißgebadet und durstig zum Ausgangspunkt, dem Parkplatz am Forsthaus. Zuvor queren wir ein Flüsschen, an dessen Ufer sich Familien mit Kindern niedergelassen haben. Diese jauchzen und planschen; fast möchten wir mit hineinspringen ins kühle Nass. 🙂 Nach dieser herrlichen Waldwanderung gibt es zwei Kugeln Eis für jeden, die allerdings die Größe von vieren haben. Wir gehen zum Strand von Algajola und Birgit schwimmt ins Meer hinaus. Ralf sitzt in der Abendsonne und spielt verträumt im Sand, der wie Paniermehl an uns kleben bleibt. Er ist grobkörniger als bei uns in Montpellier. Den Abend verbringen wir auf der Terrasse bei einem Gläschen Rotwein. Ab und zu dringen Musikfetzen eines korsischen Konzerts aus der Kirche zu uns herüber – was ist korsische Musik?
PS. Die Wanderroute auf Komoot mussten wir vom Gipfel ausgehend planen, da dort ein Stück des Wegs « fehlte » – in Wirklichkeit liefen wir aber im Tal los und folgten der Runde im Uhrzeigersinn.

Mittwoch, 30. Mai. Abfahrt nach Cargèse, unserem letzten Etappenort auf dieser wunderschönen Hochzeitsreise. Wir fahren die Küstenstraße entlang, halten für Fotos und für eine Wanderung vom Col de la Croix. Wir besteigen den Punta Castellacciu, den meistfotografierten Hügel Korsikas. Obwohl es nur gut 300 Höhenmeter sind, fällt uns diese Wanderung recht schwer. Beinahe senkrecht geht es über Geröll und durch Felsscharten hinauf zum Gipfel. Birgit schwitzt wie verrückt und wir kommen nur schwer in Tritt. Ab und zu schauen wir zurück: die Bucht von Girolata und der Ort selbst sind beeindruckend anzuschauen. Girolata ist nur zu Fuß oder mit dem Boot zu erreichen. Das Meer hat hier eine sagenhafte Blaufärbung und die Felsen scheinen zu glühen. Nach etwa anderthalb Stunden kommen wir in einer Art Piratenkapsel mit weißer Flagge an – geschafft! Während wir verschnaufen, hören wir mehrmals « Hallo »-Rufe. Nachdem wir aus Gaudi geantwortet hatten, meldeten sich hocherfreut zwei Wanderinnen, die sich verlaufen hatten! Sie nennen sich nicht ohne Grund die « Irrlichter », die zwei deutschen Wanderfreundinnen. 🙂 Wir nehmen die beiden mit hinunter. Zwar verlaufen wir uns selbst einmal, abgelenkt durch unser Geplauder, finden jedoch bald wieder auf den rechten Weg zurück. Sie gehen durch das Dorf Osani zum Campingplatz und wir suchen unsere Unterkunft « Spelunca ». Das Hotel « La Spelunca » sieht merkwürdig verschlossen und nicht sehr einladend aus! Birgit telefoniert und erfährt, dass wir 50 m weiter in der Anlage « Roc e Mare » erwartet werden – welch Unterschied! Schnell richten wir uns in dem Appartement ein, das einen schönen Meerblick von der Terrasse bietet.

Donnerstag, 31. Mai. Dunstschleier über dem Meer, erste Boote sind unterwegs und fröhliches Vogelgezwitscher begleitet unser Terrassenfrühstück. Wir haben im Haus « Spelunca » eine Küche und können uns selbst versorgen. Wir staunen, wie gut einige unserer Vorräte die Reise bis hier überstanden haben. Heute wollen wir zum Crenosee wandern, dem einzigen See auf Korsika, der von Bäumen umgeben ist. Mit dem Auto fahren wir immer weiter in die Berge. Es war eine richtige Abenteuerfahrt: mal waren Kühe auf der Straße, mal drohte ein Schwerlasttransport die Dorfstraßen zu verstopfen und weitere Straßenbaufahrzeuge tauchten wie aus dem Nichts auf. Ein wagehalsiges Überholmanöver (na wer wohl?) führte beinahe zum ersten Ehekrach. 😮 Mit einiger Verspätung kamen wir im entlegenen Örtchen Soccia à Soccia an, wo wir auf einen von einem halbwilden Schwein bewachten Parkplatz einbogen. Zunächst bewältigten wir einen steilen, steinigen und beschwerlichen Anstieg bis zu einem Abzweig ins Hinterland. Dieser war von Blumen gesäumt und wir folgten diesem Pfad bis zu einem Kreuz. Von hier sahen wir auf das Dorf Orto im Tale und auf einen Bergzug zur Linken. Hier verweilten wir. Birgit zeichnete, Ralf richtete etwas an seiner Kamera. Nach der kurzen Pause stiegen wir auf den 1511 m hohen Berg Monte Sant’Eliseo (510 Höhenmeter zu Fuß). Wieder viele Blumen: Wolfsmilchgewächse (übelriechend), Orchideen u.v.m. In Serpentinen geht es bis zu einer kleinen Kapelle mit Garagentor. 😮 Herrliche Ausblicke in alle Himmelsrichtungen. Picknickzeit! Nach der Stärkung Abstieg durch ein zerwühltes Waldstück zum See. Dort sind Familien und Hunde. Wir umrunden das Wasserauge und bewundern die Reflexionen. Leider blühten die Seerosen noch nicht. Gemütlich wandern wir zurück zum Parkplatz und fahren die engen Straßen zurück nach Cargèse. Dort kaufen wir Pizza und essen auf der Terrasse mit Blick aufs Meer. Ralf gewinnt an diesem Abend das Carcassonnespiel.

Freitag, 1. Juni: Abwandertag. Unsere Reise nähert sich nun dem Ende. Wir fahren in Richtung Piana und wandern zum Capo Rosso. Die Ruine eines Genueserturms ist vom Parkplatz aus zu erkennen; sie steht auf einer roten Felsenklippe hoch über dem Meer. Der Weg geht auf und ab, die Sonne heizt tüchtig ein, aber zum Glück weht immer mal wieder ein Lüftchen. Sogar einige Familien mit noch recht kleinen Kindern begegnen uns. An die 500 Höhenmeter sind zu bewältigen und der Aufstieg zum Felsplateau mit Turm ist steil und kraxelig. Wir nehmen uns viel Zeit und genießen die märchenhafte Aussicht vom Turm herab. Dieser wäre baupolizeilich längst gesperrt in Deutschland. 😮 Kein Licht im Innern, kein Geländer, lückenhafte Treppenstufen. Der Blick auf Strände und Bergwelt ist einfach umwerfend. Wir können uns nicht satt sehen. Doch dann geht es zurück. Auf dem Rückweg gibt es ein Überraschungswiedersehen mit den Irrlichtern. 🙂 Leider versäumen wir es, ein gemeinsames Foto aufzunehmen. So bleibt nur die Erinnerung. Unser Picknick zelebrieren wir am Strand von Arone. Ralf geht ins Wasser und dann « flüchten » wir vor zuviel Sonne in unser Ferienappartement. Wir kaufen Kirschen und naschen sie nach einer erfrischenden Dusche bei Urlaubslektüre.

Samstag, 2. Juni: Abreise. Am Abend des heutigen Tages wird uns die Fähre in Ajaccio aufnehmen und über Nacht nach Marseille zurückbringen. Von dort ist es nur ein Katzensprung bis nach Montpellier. Den Tag nutzen wir für zwei ausgedehnte Spaziergänge durch die sogenannten Calanche. Dies sind bizarre Felsformationen, bunte Gesteine, Wasserläufe, blumenteppichgeschmückt – einfach wunderschön. Nur schwer können wir uns trennen von der « Ile de Beauté ». So facettenreich sind ihre Natur, ihre Dörfer, ihr Charakter. Gegen 14 Uhr fahren wir nach Ajaccio, machen einen letzten Stadtbummel und kaufen ein paar Andenken und etwas fürs Abendessen an Bord. Wir können ohne Schwierigkeiten auf die Fähre und werden von einer geräumigen Kabine mit Doppelbett, einer Sitzecke und Dusche überrascht. Wir essen in der Kabine und schauen wehmütig auf die immer kleiner werdende Kulisse Korsikas. Am nächsten Morgen kommen wir pünktlich an und fahren ohne Stopp heim nach Montpellier – Ankunft 10:15 Uhr.


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