Herbsturlaub 2022 – Teil 1: Le Grand’Combe Châteleu / Jura

Tag 1 (10.9.2022)

Nach gemütlichem Frühstück starteten wir gegen 9h00 von Montpellier in Richtung Tal des Doubs. Unser Ziel war La Grand’Combe Châteleu im Département Doubs, wo sich der Gebirgszug des Jura an der französich-schweizerischen Grenze entlang zieht. Für unseren bereits zweiten Aufenthalt in dieser Region hatten wir eine FeWo in einem typischen Bauernhaus gemietet. Bei unserer Ankunft erwartete uns neben dem gemütlichen Domizil ebenfalls ein großer Garten, eine Terrasse und ein schöner Blick auf die felsige Umgebung.
Während der Fahrt bemerkten wir etliche Fahrzeuge mit deutschen Kennzeichen. Es herrschte noch reger Rückreiseverkehr, mit dem wir so nicht gerechnet hatten. Hinter Lyon wurde es dann ruhiger. Auf der Landstraße zu unserem Ziel querten wir Orte wie Pontarlier, Aiglepierre, Saline-les-Bains und auch etliche Dörfer, die ihren Weinanbau anpriesen. Wir kauften später eine Kostprobe, von der wir nicht sehr überzeugt wurden. Der von uns ausgesuchte Wein schmeckte eher nach Johannisbeersaft. 🙂
Nachdem wir uns etwas erfrischt und eingerichtet hatten, spazierten wir durch den langgestreckten Ort und entdeckten auch gleich die Landbäckerei. Die Croissants zum Frühstück waren gesichert!

Tag 2 (11.9.2022)

Morgennebel hüllte die Umgebung ein. Noch während wir frühstückten, brach die Sonne durch und es wurde ein strahlend schöner Tag! Wir fuhren gut gelaunt bis zum Parkplatz am Wasserkraftwerk von Le Refrain. Erstaunt hörten wir einen Alphornbläser beim Aussteigen. Er salutierte damit den Teilnehmern des gerade stattfindenen Laufes um die Èchelles de la mort – Todestreppen! Wir erkletterten diese später auch noch – allerdings ohne Gepäck.
Zunächst wanderten wir einige Kilometer im Tal des Doubs bis zur Grenze, wo eine Brücke von Frankreich hinüber in die Schweiz führt. Eine Pause zur Stärkung machten wir zwischendurch auf ein paar Steinen. Lachend stellten wir dann fest, dass es nur eine Kurve weiter einen gut ausgebauten Picknickplatz an der Ruine einer Glasbläserei gab. Der Weg war gesäumt von mystischen Moosbäumen und wir bestaunten das überall vorhandene saftige GRÜN. Von alerte sécheresse – Trockenheitsalarm war hier nichts zu spüren. Jedoch lernten wir bald, dass dieses Grün trügerisch war.

Tag 3 (12.9.2022)

Tags darauf sollte es erneut zum Doubs gehen, ein Stückchen stromaufwärts, wo sich der touristisch beworbene Wasserfall Saut du Doubs (Sprung des Doubs) befindet. Allerdings hatten wir die Wanderung so geplant, dass der Wasserfall den krönenden Abschluss dieser Tour bilden sollte. Vom Parkplatz ging es erst ein Stückchen durch den Wald und dann hinauf zu einem Aussichtspunkt, von dem man auf den Lac de Moron schauen kann. Dieser bildet einen Teil des Doubs, wo sich der Fluss vor dem Wasserfall anstaut und sogar den Verkehr von Ausflugsschiffen erlaubt. Es gibt touristische Angebote, wo eine Strecke mit dem Schiff und die andere in einer Pferdekutsche absolviert wird. Aber Touristen gab’s nicht mehr so sehr viele…
Anschließend wanderten wir oberhalb des Flusses, stiegen querfeldein über eine Weide mit Weidezaun 😮 , folgten einem Forstweg und gelangten schließlich zu einem schönen Weg am Waldesrand. Langsam stellte sich erster Hunger ein und wir fanden ein Plätzchen auf einem umgestürzten Baum. Danach stellte sich die Frage: Forstweg zur Staumauer oder Single Trail hinab zu einem felsigen Abschnitt des Doubs. Abenteurer wie wir sind, entschieden wir uns für den schmalen Weg, der bald durch Dickicht und über umgestürzte Baumriesen führte. Aber der Umweg hat sich gelohnt, denn bald kamen wir zu einem herrlichen Abschnitt entlang einer Felskante, der in langen Schleifen hinab zum Fluss führte. Dort angelangt konnten wir unserer Entdeckerfreude nachgehen und über den Fluss stolzieren. 🙂
Wir folgten dem Fluss stromaufwärts und kraxelten vom Fuß der Staumauer zu deren Oberkante. Wir waren glücklich, dass wir nicht noch weiter hinauf mussten. Danach wanderten wir leichtfüßig bis zu einer Hütte, in der sich ein glücklicher Rentner sein Sommerdomizil eingerichtet hat. Auf dessen Terrasse ließen wir uns das Picknick munden. Gut gestärkt ging es weiter, bis wir zum Saut du Doubs, dem angekündigten Wasserfall kamen. Doch was bot sich unseren Augen: Ein Wasserfall ohne Wasser. Gut, dass diese Enttäuschung erst am Ende der Tour auf uns wartete. Wir spazierten noch ein wenig durch die touristischen Anlagen, bevor wir zum Auto zurückkehrten und unsere Rückfahrt antraten.

Tag 4 (13.9.2022)

Die Anfahrt zur Wanderung am angeblich letzten sonnigen Tag der Woche war angenehm kurz. Vom Parkplatz liefen wir zum Aussichtspunkt Roche de Prêtre – Priesterfelsen. Anschließend ging es sehr steil und steinig hinab ins Tal. Unser erstes Ziel war das Kloster Notre Dame de Consolation – Unsere Lieben Frauen der Consolation/Trost. Bevor wir dort ankamen, legten wir eine Bananenpause an einem idyllischen Ort an der Quelle der Dessoubre ein. Eine verlassene Hotelanlage zeugte vom früher hier herrschenden Tourismus.
Am Kloster fesselten der Park und ein uriger, sich in Umgestaltung befindender Garten unsere Aufmerksamkeit. Wir nahmen einige Äpfel mit und stromerten ein wenig herum. Sympathisch fanden wir die Schilder mit lustigen Zeichnungen, die einige Beziehungen von Pflanzen und Menschen darstellten. Ich versuchte mit den Fotos unsere Enkelkinder zum französisch lernen zu ermuntern, was aber leider nicht so recht gefruchtet hat.
Anschließend mäanderten wir durch ein mystisches Gebiet voller Wasserfälle, Bäche, Brücken, Felsgruppen und wieder vielen verschiedenen Grüntönen der Moose und Bäume. Wir fühlten uns wie Trolle im Märchen. Der groß angekündigte Wasserfall Lancot war erschreckenderweise ebenfalls ausgetrocknet – also doch alerte sécheresse?
Nun wurde es prickelnd: Senkrechter, zum Glück teilweise mit Treppen unterstützter Aufstieg zur Grotte Lancot! Schwindelfrei sollte man hier sein. Ich probierte eine kleine Abkürzung, aber Ralf hatte mich doch schon überholt. 🙂 
Über einen schmalen Felsweg erreichten wir die Höhle, die 50 m tief, 40 m hoch und 15 m breit ist, wie wir von einer Informationstafel erfuhren. In ihr entspringt der Fluss Lancot, der nach ergiebigen Regenfällen die gleichnamige Kaskade speist. Immer wieder blieben wir stehen und staunten über die wilde Umgebung. Der Rückweg zog sich lang hin und wir kamen bis zum Auto ganz schön ins Schwitzen!
Abends fuhren wir nach Morteau, wo ein fröhlicher, barfüssiger Schuhmacher Ralfs Wanderschuhe ohne mit der Wimper zu zucken oder zu diskutieren klebte. Da es so schnell ging, gab’s auch keinen Preis. So steckte Ralf ihm ein paar Münzen zu. Erschreckt hatte mein Liebster nämlich am Vortag feststellen müssen, dass seine ledernen Schuhe begannen, sich von ihrer Sohle zu trennen! Würde der Kleber halten? Abwarten war erstmal angesagt! Nach dem Essen saßen wir noch lange auf der Terrasse und lasen.

Tag 5 (14.9.2022)

Wanderung mit Wurmfortsatz. So sieht sie aus, wenn man auf die Karte bei Komoot schaut. Was war geschehen? Da der Tag regnerisch war, entschlossen wir uns für eine kürzere Tour zum Wasserfall Cascade des Chaudières, die vom Nachbardorf Les Gras ausgehen sollte. Aber damit die Tour nicht zuuu kurz wird, hatte sich der Wanderplaner noch für einen extra Bogen entschieden. Nun ja, und auf diesem Abschnitt der Tour verliefen wir uns erst ein bisschen, dann kamen wir an einen Weidezaun, und als wir den umgehen wollten, gerieten wir immer mehr in undurchdringliches Dickicht. Da wir zu allem Überdruss zuvor den scheinbar schönen und direkten Weg zum Wasserfall verschmäht hatten, wurden die Gesichter länger und die Worte weniger… Es half alles nichts, wir mussten umkehren und kamen dann doch noch zu einem schönen Wandererlebnis. 🙂
Zum Mittagessen waren wir zurück in unserer Ferienwohnung, wo wir uns die beim Bäcker erstandene Zucchini-Paprika-Tarte munden ließen. Dem schloss sich ein Nachmittag mit Freizeit an, lesen, erzählen, planen, dem Regen lauschen…

Tag 6 (15.9.2022)

Da Dauerregen angesagt war, hatten wir einen Ausflug nach Pontarlier geplant, wo sich eine familiengeführte Absinth-Destillerie und das Château de Joux befinden. Die Burg konnte nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden, zu deren Beginn wir rechtzeitig eintrafen. Insgesamt fünf Verteidigungsabschnitte sollten die Bewohner dieser fast tausendjährigen Burg vor Angriffen schützen. Wir erfuhren so allerlei Anekdotisches. So gab es zum Beispiel schwere Geschützstände, die jedoch in die falsche Richtung zeigten und in deren Geschichte lediglich eine Kuh erlegt wurde. Bemerkenswert war der 147 m tief in den Fels getriebene Brunnen, der im Auftrag des berühmten Festungsbaumeisters Vauban gegraben worden war. Zu diesem Brunnen gelangten wir über eine ebenfalls beeindruckende Wendeltreppe in einem ehemaligen Lastenaufzug, die uns 30 m in die Tiefe führte. Und auch der Ha-ha nötigte uns ein Lächeln ab – eine schnell anzulegende Lücke in der Außentreppe, mit der Angreifer, die es geschafft haben, einzudringen, abgebremst werden konnten.
In der Nähe der Burg nahmen wir ein leckeres, regionales Mittagsmahl ein, bevor wir zur Destillerie Pierre Guy in Pontarlier fuhren. Diese traditionelle französische Brennerei wurde 1890 von Armand Guy gegründet. Ihre Hauptprodukte sind Absinth, « Pontarlier-Anis » oder « Pont » (Pontarlier (Aperitif)) und Tannenlikör (« Vert Sapin »). Wir kosteten vom Absinth, der ähnlich wie Pastis mit Wasser verdünnt getrunken wird. Ich hatte ihn mir bitterer vorgestellt, aber mit seiner ausgeprägten Anisnote erinnerte das Getränk eher an Hustensaft. Stattdessen kauften wir eine Flasche Gentiane (Enzianschnaps) und eine Flasche Kirschlikör, mit dem wir unseren Vanillepudding aufpeppen. 🙂

Tag 7 (16.9.2022)

Auch für diesen Tag war Regenwetter angesagt worden. Wir hatten uns im Vorfeld mit Ausflugszielen beschäftigt und waren auf die Orte Lods und Ornans gestoßen. Ersterer wurde einst in den Kreis der schönsten Dörfer Frankreichs aufgenommen und im zweiten befindet sich das Museum Gustav Courbet. Dieser Maler war uns bekannt und vor allem ich hatte den Wunsch die Ausstellung im Geburtsort dieses Künstlers zu besuchen.

Lods

Nach dem Überqueren der Brücke über den Fluss Loue, unter der ein heftiger Wasserfall tobte, gelangten wir rasch in die schmalen Gassen von Lods. Ein kleiner Rundgang führte u.a. zur Kirche, in der mich das Schild Unter Denkmalschutz stehend, welches direkt unter dem Sicherungskasten angebracht worden war, zum Schmunzeln brachte. Blumen, Apfelbäume und wilde Gärten gefielen uns ebenso wie die Blicke auf die Umgegend.

Ornans

Zu einem weiteren Höhepunkt wurde das Wandeln auf den Spuren von Gustav Courbet, einem Maler des Realismus, der in Ornans geboren wurde. Die Parkplatzsuche gestaltete sich etwas turbulant, da wir in ein Schulgelände gerieten, wo gerade Unterrichtsschluß war. Mit etwas Geduld fanden wir schließlich ein sicheres Plätzchens für unser Auto. Durch Ornans fließt die Loue und die Innenstadt schlängelt sich an dessen Ufer entlang. Im Jahre 1953 wurde Ornans von einem schweren Hochwasser stark zerstört. Im Museum sahen wir Werke von Millet, van Gogh, Rodin und Gaugin. Nach dem Besuch stärkten wir uns in einer Kantine, wo wir zum ersten Mal Maisrouladen und Süßkartoffelsuppe aßen. Sehr lecker! Danach spazierten wir noch zum ehemaligen Atelier Courbets. Dort stellte der Künstler Charles Belle einige seiner Werke aus. Von Courbet waren dort nur noch die Ornamente rund um die Zimmerdecken vorhanden. Die Rückfahrt führte uns durch von Felsen umrahmtes Hochtal-Weideland und wir beobachteten wie geordnet Kühe zum Melken stampfen können. 😉

Am Abend genehmigten wir uns ein üppiges Abschiedmal in der Auberge an der Brücke nach Morteau.

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